Es erfolgt hier ein vorläufiger Kommentar zu dem Kachelmann-Urteil des BGH VI ZR 93/12 verkündet am 19. März 2013, der in nachfolgenden Postings ergänzt wird.
Letzteres macht Sinn, um die Fehler im Urteil nacheinander aufzuarbeiten.
Der Kardinalfehler ist verfassungsrechtlicher Art. Das Urteil verletzt das Persönlichkeitsrecht Herrn Kachelmanns, weil mit dem Urteil unbefugt gegenüber Dritten Mitteilungen über den absolut geschützten Kernbereich der privaten Lebensgestaltung des Herrn Kachelmann getätigt wurden.
Es ist nachweisbar, dass mindestes 1 Zeuge die mitgeteilten Inhalte erst durch die Veröffentlichung durch das BGH-Urteil erfuhr, da der betreffende Zeuge diese Inhalte aus der
BILD-Zeitung nicht rezipiert hat sondern durch einen SPIEGEL-Bericht auf das Urteil gelenkt wurde bzw. auf dessen Veröffentlichung durch den BGH.
Der BGH war nicht befugt, diese Inhalte zu veröffentlichen, auch nicht aus Gründen des öffentlichen Interesses an der Entscheidung des BGH selber.
Es ist folgende Divergenz zwischen der Rspr. des BVerfG und der Rspr. im gegenständlichen Urteil festzustellen :
a) Position des Bundesverfassungsgerichts :
1.
Das BVerfG hat nur für den Fall die Veröffentlichung von Informationen über den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung eines Bürgers zugelassen, wenn diese Informationen nicht dem
absolut geschützten Bereich innerhalb dieses Kernbereichs zuzurechnen sind. In letzteren Fällen kann ein Interessenkonflikt zwischen den Interessen der Gesellschaft ( insbesondere der Medien) an der Veröffentlichung und dem Interesse des Betroffenen, in dessen Persönlichkeitsrecht ein Eingriff erfolgt , bestehen. Überwiegt das öffentliche Interesse, ist in solchen Fallgestaltungen der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht als eines Rahmenrechts zulässig.
2.
Hiervon zu unterscheiden sind die Fälle, in welchen seitens der Gesellschaft ( Medien usw.) begehrt wird, Inhalte aus dem absolut geschützten Kernbereich zu veröffentlichen. Dies darf nur mit Einverständnis des Betroffenen geschehen, und die Informationen dürfen nur an diejenigen Personen mitgeteilt werden, die der Betroffene bestimmt. Will der Betroffene diese Informationen geheimhalten, und widersetzt sich jemand diesem Willen, indem er die Informationen trotzdem veröffentlicht, dann liegt in dieser Verbreitung an Dritte eine Verletzung des Art. 1 GG - entsprechend der sog. Objekttheorie.
Dabei erlischt der Anspruch des Betroffenen auf Unterlassung der Weitergabe an Dritte nicht
dadurch, dass der Betroffene bereits vorher durch verbotene Weitergabe der Information über den absolut geschützten Kernbereich an andere Dritte in seiner Menschenwürde verletzt wurde.
Der Schutz des Art. 1 GG kann nicht für die Zukunft dadurch beseitigt werden, dass er zuvor bereits einmal - beispielsweise durch eine Falschbeschuldigung - rechtswidrig durchbrochen wurde.
b)
Position des BGH in dem in Rede stehenden Urteil :
DER BGH hat diesen durch das BVerfG gesetzten Maßstab verletzt und sich damit der Bindungswirkung der Rspr. des BVerfG widersetzt.
c)
Die Missachtung des Art. 1 GG :
Entgegen der Rspr. im gegenständlichen Urteil sind nämlich die gegenständlichen Veröffentlichungen durch die BILD-Zeitung Informationen über den absolut geschützten Kernbereich der privaten Lebensgestaltung des Herrn Kachelmann.
Es trifft nicht zu, dass sie deswegen, weil sie in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren
durch den Rechte-Inhaber (Herrn Kachelmann) freiwillig unter nicht-öffentlichen Bedingungen einem begrenzten Personenkreis mitgeteilt wurden, einem Bereich ausserhalb des absoluten Kernbereichs zuzuordnen sind und deswegen hätten ohne Einverständnis Herrn Kachelmanns an weitere Personen weitergeben werden dürfen . Letzteres kann nach der Rspr. des Bundesverfassungsgerichts ausschliesslich dann der Fall sein - dies auch nur unter bestimmten Bedingungen - wenn die behauptete Straftat tatsächlich vorliegt , also der behauptete Täter schuldig ist.Diese Informationen durften weder ohne Einverständnis Herrn Kachelmanns im Gerichtssaal verlesen werden noch später auf andere Weise Personen zugänglich gemacht werden , welche diese Informationen noch nicht kannten.
Herr Kachelmann ist aber freigesprochen worden, und der BGH erklärt ihn somit konkludent zum Täter ohne die Befugnis zu besitzen den rechtskräftigen Freispruch aufzuheben.
Dies ist ein verfassungswidriger Willkürakt und hochgradig ungerecht ( Verletzung des Art. 3 GG) , da die Rechtsordnung den Auftritt einer solchen "Rechtsfigur" nicht vorsieht.
Fortsetzung folgt !
MARS